Methner-Foto4-170Salut!
Für knapp vier Wochen hatte ich diesen Sommer (2014) die Chance, bei der französischen Post als „Factrice“, also Postbotin, in Paris zu arbeiten. Es war eine wirklich tolle Zeit und ich bin sehr dankbar über die gesammelten Erfahrungen.

1. Die Arbeit
Ich war für das 6. Arrondisment (nahe St-Michel bzw. Odeon) eingeteilt und hatte damit einen Glückstreffer gelandet: In „meinem“ Quartier war schon vormittags dank der ganzen Cafés, Restaurants, Boutiques und Hotels viel Leben auf der Straße, und es fand sich immer jemand, mit dem man ein kurzes Pläuschchen halten konnte. Morgens beginnt man um 6:30h mit dem Briefe sortieren. Bis um 9:30h hatte man da auch je nach Menge der Post einiges zu tun. Gestresst war ich allerdings nie, die Kollegen waren immer sehr hilfsbereit und es war auch immer Zeit, sich mit ihnen zu unterhalten. Nachdem dann die Nachsendung aussortiert und die „Recommandés“, also Einschreibungen, entgegen genommen worden waren, ging es gesammelt in gelben Postsprintern los durch den Pariser Morgenverkehr – allein das ist ein Erlebnis! – und jeder Postbote wird am Beginn seiner „Tournée“ abgesetzt. Nach vier Tagen Einarbeitungszeit war ich selbst verantwortlich, dass die Briefe richtig zugestellt und die Recommendés ordnungsgemäß unterschrieben wurden. Am Anfang braucht das allerdings ein bisschen Zeit, bis man ungefähr die Namen kennt und nicht mehr ewig an den „boîtes“ suchen muss. Aber alles halb so schlimm, und mit der Zeit geht es echt flott und macht immer mehr Spaß. Danach geht’s zurück ins Postbüro, die falsch adressierten Briefe werden aussortiert und die unterschrieben Empfangsbestätigungen der Einschreibungen abgegeben. Das ist auch das tolle an dem Job: um 1 Uhr ist man in der Regel fertig und hat noch den gesamten Nachmittag um Paris zu erkunden!
2. Paris
Das bringt mich auch gleich zu meinem zweiten Punkt: der Stadt selbst. Keine Frage, Paris ist echt klasse. Und da man ganze vier Wochen Zeit hat, Paris kennen zu lernen, kommt auch kein typischer „Touri- Stress“ auf, alles gleich und sofort besichtigen zu müssen. Ganz entspannt kann man durch die verschiedenen Viertel schlendern, in einem der wunderschönen Parks dösen, ein Museum besuchen oder eine Runde shoppen gehen. Zudem hatte ich im September wahnsinniges Glück mit dem Wetter: fast nur blauer Himmel und Sonnenschein, da ist alles gleich noch viel schöner.Boehmer-Foto-150 Außerdem arbeitete gleichzeitig noch eine Deutsche bei der Post, Nora. Wir verstanden uns gleich von Anfang an super, sodass wir nach der Arbeit meistens gemeinsam loszogen. Vor allem am Wochenende bietet es sich an, mal einen Ausflug außerhalb von Paris zu unternehmen (zum Beispiel Versaille oder Chateau Fontainbleau), da samstags und sonntags die Navigo für alle Zonen gilt. Toll ist auch, dass für unter 26 Jährige fast alle Sehenswürdigkeiten umsonst sind. Dafür sind die Lebensmittelpreise jedoch merklich höher als in Deutschland.
3. Das Wohnheim
Untergebracht waren Nora und ich im „Foyer Brune“, einem Postwohnheim im 14. Arrondissement, von dem aus wir jeden Morgen um 5:45h mit Tram und Metro zur Arbeit losfuhren. Die Zimmer dort sind sauber und für die paar Wochen völlig ausreichend mit eigenem Kühlschrank und Waschbecken möbliert. Zudem ist es dort noch wahnsinnig günstig, wenn man die üblichen Mietpreise für Paris vergleicht. Es gibt eine Gemeinschaftsküche auf jedem zweiten Stockwerk (Essgeschirr selber mitbringen!) und Gemeinschaftsduschen und -wc. Die Bewohner dort sind sehr nett und viele wirklich sehr interessiert (Einige haben selbst eine spannende Lebensgeschichte, da die meisten aus Afrika, Saint Martinique oder Japan stammen). Nie werde ich beispielsweise den einen Abend vergessen, an dem ein Bewohner für uns ein drei Gänge-Menü gezaubert hat, zudem noch mit Blick auf den blinkenden Eifelturm, den man von der Wohnheimküche aus sehen kann.

Ich kann jedem nur empfehlen, es selbst auszuprobieren. Die Leute von „Eurojumelage“ stehen dabei auch immer mit Rat und Tat zur Seite, ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle! Und bei Zweifel, ob die Sprachkenntnisse aussreichen: Drei Jahre Schulfranzösisch haben bei mir gereicht, um mich gut durch den Postalltag zu bringen.

Boehmer