Entstehung und Entwicklung der Eurojumelages
Die Geschichte der Eurojumelages begann 1959, als Europa eine Ära des neuen Optimismus und des Friedens erlebte: Alexandre Chappé von der Post in Troyes / Frankreich reichte der Hauptpost in Darmstadt / Deutschland (Hans Winkel) die Hand der Freundschaft. Aus dieser einfachen, aber mutigen Geste entwickelte sich eine Partnerschaft zwischen Postangestellten in Darmstadt und Troyes, die als Vorbild für weitere Partnerschaften zwischen Angehörigen deutscher und französischer Postverwaltungen diente. Frankreich und Deutschland sind Nachbarn im Herzen Europas und durch eine jahrhundertelange, wechselvolle und manchmal turbulente Geschichte verbunden.
Ziele und Prinzipien der Eurojumelages
Eurojumelages ist eine gemeinnützige, unpolitische internationale Partnerschaft, die alle Veranstaltungen unterstützt, die das Zusammenkommen europäischer Bürger fördern, insbesondere durch Kultur und Tourismus.
Die Menschen haben ein natürliches Interesse daran, den Lebensstil, die Sitten und die Kultur anderer Länder kennen zu lernen und zu erfahren Aus diesem Interesse entwickelt sich in der Regel ein Reiz, zusammenzukommen und sich in anderen Sprachen zu verständigen.
Sektionsbezogene Veranstaltungen: Partnerschaften
Neben einem umfangreichen internen Clubleben haben die Mitgliedssektionen von Eurojumelages in einem bestimmten Mitgliedsland Partnerschaften mit Sektionen in anderen Mitgliedsländern.
Größere Sektionen haben Partnerschaften mit mehreren Sektionen in verschiedenen Ländern, während kleinere Sektionen weniger Partnerschaften haben können. In der Regel streben die Partner an, sich einmal im Jahr zu treffen.
Intersektionale Veranstaltungen
Eurojumelages bietet eine Vielzahl von Veranstaltungen in den Bereichen Sprachkurse, Sport und Kultur an. Jedes Mitglied einer Sektion im Eurojumelages-Netzwerk kann an diesen Veranstaltungen teilnehmen. Die Veranstaltungen werden von einer Sektion oder von mehreren Sektionen gemeinsam organisiert, wenn es sich um eine Großveranstaltung handelt.
Erinnerung an den 9. November 1959
Erinnerung an den 9. November 1959, der Geburtsstunde unserer Jumelagebewegung, und Gedanken darüber hinaus
Der 9. November 1959 ist für uns Jumeleure ein denkwürdiges Datum. An diesem Tag reichte ein französischer Postbeamter seinen deutschen Kollegen die Hand zur Versöhnung und zum besseren Kennenlernen. 41 Jahre nach Ende des Ersten und 14 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs bestimmten immer noch Vorurteile, Missverständnisse, sogar Hass die Beziehungen zwischen Franzosen und Deutschen.
Er tat dies an diesem Tag mittels eines Briefes, in dem er u.a. vorschlug: „...ensemble, fonder un mouvement tout simplement pétri de chaleur humaine.“ (...zusammen, eine Bewegung gründen, ganz einfach, geformt von menschlicher Wärme.)
Dieser Brief, verfasst von Alexandre Chappé, dem Directeur Départemental des PTT de l‘Aube in Troyes, gerichtet an das Fernmeldetechnische Zentralamt in Darmstadt, und von diesem weitergeleitet an das Posttechnische Zentralamt, geriet dort in die Hände des Personalrats Hans Winkel, der diese Idee begeistert aufgriff. Es folgten erste Begegnungen von kleinen Gruppen, beiderseits geprägt von Unsicherheit und Spannung – „wie werden sie uns aufnehmen?“ - denen aber bald darauf die Gründung einer „Postpartnerschaft“ zwischen Troyes und Darmstadt folgte. So wurde am 25. Juni 1962 Darmstadt zum Ausgangspunkt des eingetragenen Vereins „Jumelage Postal“. Durch das Entstehen von weiteren Sektionen in Deutschland und durch die Gründung von nationalen Verbänden in Großbritannien, Italien und Portugal war es notwendig, alle Verbände in einem Dachverband zusammenzufassen. Am 25. April 1984 entstand in Paris die Union Internationale des Jumelages PTT (UIJPTT). Spanien, Irland, Belgien und die Schweiz schlossen sich der UIJPTT an. Nachdem der „Eiserne Vorhang“ gefallen war, kam es bald auch zu Kontakten mit Polen, Russland, Rumänien und Ungarn.
Alexandre Chappé (1912-1995) und Hans Winkel (1913-2012) sind als Gründerväter der heute europaweit bestehenden „Eurojumelages“ in die Geschichte eingegangen. In den folgenden Jahren wurden nach und nach die Aktivitäten der Vereine über die regelmäßigen Begegnungen hinaus ausgeweitet. Es wurden Sprachkurse organisiert, sportliche Aktivitäten eingeführt (Oscar, Bouleturniere, Wanderwochen), nationale und internationale Begegnungswochen in Feriendörfern abgehalten und nationale und internationale Kongresse veranstaltet. Der Verein öffnete sich auch für „Nicht-Postler“.
Nach zeitweise ca. 60 Sektionen in Deutschland schrumpfte die Zahl Anfang 2022 auf 32, mit ca. 2400 Mitgliedern. Im Jahr 2017 betrug die Zahl der Mitglieder in den 13 angeschlossenen europäischen Ländern ca. 11.000. Deren Wunsch nach Frieden und europäischer Integration ist nach wie vor ihr Bestreben.
Der 9. November sollte ein Tag des Nachdenkens über unser Land sein. Gibt es doch in der jüngeren deutschen Geschichte eine Reihe von „Schicksalstagen“, die auf den 9. November fallen. Sie schauen auf absolute Tiefpunkte aber auch auf Sternstunden: Die Ausrufung der Republik in Berlin nach der Novemberrevolution am 9. November 1918. Der Hitlerputsch in München am 9. November 1923, der vor der Feldherrnhalle blutig endete. Die Pogrome gegen die deutschen Juden, die am 9. November 1938 von Goebbels im Alten Rathaussaal von München ausgerufen wurden und die in den Holocaust führten. Das gescheiterte Bombenattentat des schwäbischen Schreiners Georg Elser auf Hitler im Münchener Bürgerbräukeller am Vorabend des 9. November 1939, und schließlich der Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 nach einer vorangegangenen mehr oder weniger friedlichen Revolution.
Eigentlich sollte dieser Tag, der 9. November, als Nationalfeiertag der Deutschen geltend gemacht werden, statt des 3. Oktobers, der ein Jahr später lediglich aus einem Verwaltungskompromiss entstanden ist. Stehen doch all diese Ereignisse für Deutschland in einem dramatischen geschichtlichen Zusammenhang. Und wir Jumeleure können dank Alexandre Chappé und Hans Winkel den 9. November 1959 als Gründungstag unserer Jumelagebewegung zu den Sternstunden hinzufügen.
Gustav Dittrich
Sektion München
Deutschland