In meiner Heimat gibt es die besondere Tradition, den Karneval. Die Gegend um Köln, der Stadt am Rhein, nennt man das Rheinland – und hier wird der Karneval ganz besonders schön gefeiert. 2015 wurde diese Tradition sogar im UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen.
Schon als kleines Kind habe ich den Karneval kennengelernt.

Meine Mutter, die eine gute Schneiderin war, hat mir jedes Jahr schöne Kostüme genäht. So war ich zum Beispiel verkleidet als Prinzessin, Katze, Schornsteinfeger oder als Clown. Als ich 16 Jahre alt war, war ich sogar in einem Karnevalsverein aktiv und war 4 Jahre lang Tanzmariechen.
Die Zeit, in der in Köln der Karneval gefeiert wird, nennt sich auch die „fünfte Jahreszeit“. Offiziell beginnt die Karnevalssession am 11. November, am Elften im Elften. Die Zahl 11 ist in Köln eine jecke (verrrückte) Zahl.
Deshalb wird an dem Tag genau um 11:11 Uhr im Zentrum von Köln für tausende fröhlich verkleidete Zuschauer die Karnevalssession eröffnet. Den Menschen dort wird dann auch das amtierende Kölner Dreigestirn (Prinz, Bauer und Jungfrau) vorgestellt. Das sind die Repräsentanten des Kölner Karnevals, die alle drei von Männern dargestellt werden, auch die Jungfrau!
Bekannte Karnevalsmusiker singen zur Eröffnung alte und neue Karnevalslieder, meistens in der Kölner Mundart -und die meisten Leute singen freudig mit.
Anfangs findet der Karneval in großen Räumen, Sälen und Hallen statt. Es gibt zahlreiche Veranstaltungen mit Auftritten von Büttenrednern, Musikgruppen und Tanzgruppen. Erst ab dem Jahreswechsel steuert der Karneval seinem Höhepunkt entgegen.
Der Höhepunkt ist sechs Tage lang, beginnend mit dem Donnerstag (Weiberfastnacht) bis zum Veilchendienstag, dem Tag vor Aschermittwoch. Während dieser Tage gibt es in ganz Köln viele Umzüge, bei denen Schulgruppen, aktive Karnevalsvereine und Gruppen aus verschiedenen Stadtteilen teilnehmen. Besonders beliebt ist der große Umzug am Rosenmontag durch die Straßen der Kölner Innenstadt. Alle Traditionsvereine, deren Ursprung bei Napoleon und den Preußen liegt, sind dabei. Außerdem Gastgruppen, die Musik machen, private Karnevalsgruppen und große Prunkwagen, die speziell für Karneval hergestellt werden. Diese Wagen greifen politische Motive auf oder äußern sich mit prächtigen Ideen zum Zeitgeschehen. Der Rosenmontagszug schlängelt sich mit mehr als 4,5 km durch die Straßen. Verkleidete Zuschauer stehen zu beiden Seiten stundenlang entlang des Zugweges, wollen nichts verpassen und sammeln die Süßigkeiten und Blumen, die in die Menge geworfen werden. Die Kölner Innenstadt ist nicht mehr zu erkennen, Millionen von Menschen aus Köln und Umgebung und vielen Touristen – ein Meer von Jubel und Trubel, Musik und Freude.
Am Aschermittwoch ist alles vorbei – so heißt es auch in einem Karnevalslied. Dann beginnt die Fastenzeit und in Köln kehrt wieder Ruhe ein.

Dieses Jahr, wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine, wurde der Rosenmontagszug am 28.02.2022 abgesagt. Dafür gab es einen Aufruf für eine Friedensdemonstration entlang des Weges, wo sonst der Umzug entlanggeht. Ca. 250.000 Menschen haben daran teilgenommen. Es war sehr ergreifend.

Claudia Lauricella-Ninotta
Sektion Bonn
Deutschland